Inhaltssuche

Suchen Sie z.B. nach Artikeln, Beiträgen usw.

Personen- und Kontaktsuche

Entschieden gegen die Klimakatastrophe - nur auf welchem Weg?

„Die Klimabewegung muss eine Protestbewegung werden“, so Gudula Frieling. „Wir sind durch die Proteste in Lützerath als Klimabewegung zusammengewachsen, das ist die gute Nachricht.“ Doch der Schock über das Handeln der Regierung mit Blick auf das Klima sei bei ihr groß. Die Klima-, Friedensaktivistin und Theologin war Gastrednerin bei der Veranstaltung „Entschieden gegen die Klimakatastrophe – jede Generation ist gefragt“, die von der Citypastoral Kassel und dem Dezernat „Generationen- und geschlechtersensible Pastoral“ des Bistums Fulda veranstaltet wurde.

In der Analyse einig – über den Weg jedoch strittig

Die Analyse, dass umgehend etwas gegen die Klimakatastrophe zu tun ist, bestätigten auch Lisa Coburger (Bund der Deutschen Katholischen Jugend), Thomas Flügge (cdw-Stiftung Kassel) und Roland Schippany (Mitglied Katholikenrat Bistum Fulda). Was jedoch der richtige Weg sei, wurde durchaus heftig diskutiert. „Für junge Menschen bedeutet die Klimasituation Krise und Unsicherheit“, berichtete Lisa Coburger. Sie rief dazu auf, dass jetzt die Zeit ist, ins Gespräch zu kommen und zu handeln. Dafür brauche es einen Systemwandel. Roland Schippany teilt die Analyse, würde aber andere Wege zur Eindämmung der Erderwärmung wählen. Er setze darauf, im Kleinen anzufangen und persönlich Vorbild zu sein: „Das geht bei den Kirchengemeinden und der ökologischen Organisation von Festen los.“ Dass dafür möglicherweise die Zeit angesichts der globalen Erwärmung fehle, räumte er ein. Allerdings sprach sich der Bergingenieur dafür aus, die Rettung des Klimas auf demokratischem Weg weiterzubringen. Thomas Flügge fragte ebenfalls danach, mit welchem Mittel man am besten etwas erreiche. Er vermisse Massendemonstrationen wie bei „Fridays for Future“. Bei den derzeitigen Aktionen, von z.B. der „Letzten Generation", sehe er die Gefahr, dass diese dem Thema schaden und entgegen jeder Hoffnung keine weitere Aufklärung zur Klimakatastrophe geschieht, weil die Klebeaktionen im Vordergrund auch der Berichterstattung sind. Er ist sich aber sicher: „Wir müssen alle Verzicht üben.“ Gerade im städtischen Bereich sehe er große Möglichkeiten, das Leben gleichzeitig besser zu gestalten.

Es wird Todeszonen und Fluchtbewegungen geben

Leidenschaftlich wies Gudula Frieling darauf hin, dass die Emissionen bis 2030 gesenkt werden müssen. „Wenn wir als eines der reichsten Länder der Erde uns nicht ändern, wer dann?“ fragte sie. Es drohe der ökologische Gesamtkollaps. Sie rief eindringlich dazu auf, dass alles darangesetzt werde, dass die 1,5-Grad-Grenze nicht überschritten werde. Diese ist das Ziel, den menschengemachten Temperaturanstieg auf 1,5 Grad zu begrenzen. „Wenn wir diese Grenze überschreiten, wird das Klima instabiler, der Amazonas Regenwald kippt, das Grönlandeis schmilzt, es entstehen Todeszonen auf der Erde und damit massive Fluchtbewegungen.“ Um die Einhaltung dieser Grenze zu erreichen, sei es notwendig, die „kapitalistische Gesellschaft durch eine Postwachstumsstrategie zu überwinden“. Dies sei übrigens auch eine Forderung von Papst Franziskus in seiner „Enzyklika Laudato Si‘ – über die Sorge für das gemeinsame Haus.“ Theologin Frieling ist sich sicher: „Wir brauchen zivilen Widerstand, der möglichst große Störung in die Gesellschaft bringt.“ Die Jesusbewegung sei auch eine Widerstandsbewegung gewesen. Von den Kirchen erhoffe sie sich deswegen Solidarität und offenen Zuspruch, Räume, in denen Klimaaktivistinnen und -aktivisten sich austauschen und über ihre Erfahrungen sprechen können. Frieling: „Ja, es tut weh, sich mit dem Thema zu beschäftigen! Als Christin kann ich diese zerstörerische Entwicklung nicht hinnehmen.“ Die Kirchen könnten auch der Trauer über die erforderlichen Veränderungen einen Raum geben und helfen, Alternativen für die Gesellschaft zu entwickeln.

Konsum macht nicht glücklich

Das aus allen Generationen und gesellschaftlichen Kontexten gemischte Publikum diskutierte bisweilen intensiv mit den Impulsgebenden. Müssen der Einzelne, gesellschaftlichen Gruppen, Industrie oder Bundespolitiker mehr tun? Können Probleme, die durch die Gemeinschaft entstanden sind, überhaupt von den Einzelnen gelöst werden? Es wurde vor Pauschalisierungen „die Politik“ und die „Aktivisten“ gewarnt. Das bringe nicht weiter im gemeinsamen Ziel. Zum Beispiel könnten sich mehr Initiativen in den Städten dafür einsetzen, dass wir eine sorgende Gemeinschaft werden und enger zusammenrücken. „Wir müssen auf Konsum verzichten, er macht nicht glücklich“, sagte eine Teilnehmerin. Ein anderer Zuschauer fragte, was den Menschen für ihren Verzicht geboten werden kann. Es wurde mehrfach betont, dass unser aktuelle Lebensstandard die Freiheit der nächsten Generation einschränkt.

Klare Wünsche an die Kirchen

An die Kirchen wurden klare Wünsche gerichtet: Sie sollen darauf Einfluss nehmen, dass ihre Gebäude und Ländereien alternativ und klimaschonend bewirtschaftet werden. Die Kirchen sollen Solidarität und Menschlichkeit zeigen.

Text und Bilder: Kerstin Leitschuh