Sie hat morgen einen wichtigen Arzttermin. Sie hat Angst davor, dass sie eine schlimme Diagnose bekommen könnte. Die Zeit bis zu dem Termin zieht sich zäh wie ein Kaugummi. Wie ein Kind zählt sie die Nächte. Wir treffen uns zu einem Spaziergang. Wir reden über ihre Angst, ihre Sorge und ihre Aufgeregtheit. Als wir uns verabschieden sage ich ihr zu, dass ich für sie beten werde, dass ich den „Himmel bestürmen werde“ – so drücke ich das gerne aus. Das heißt für mich, dass ich ihr Gelassenheit und Geborgenheit wünsche, Energie und Kraft mit der Diagnose umzugehen, wie auch immer sie heißen möge. Ich wünsche ihr, dass Gott bei ihr ist. Ich glaube daran, dass diese positiven Gedanken, dieses Gebet ihr helfen wird. Es ist eine stille und geheimnisvolle Kraft, die trägt. Sie trägt auch mich, die ich mir Sorgen um sie mache.
„Wenn man Gott in den Ohren hängt, wird das Leben leichter.“ So heiß ein Ausspruch. Das Himmelbestürmen und das in den Ohrenhängen hat keine Regeln, keine vorgefertigten Formulierungen. Es darf dabei auch stürmisch, energiegeladen oder wütend zugehen. Es geht darum, voller Energie und entschlossen – wie der Himmelsstürmer hier – Menschen, die es gerade brauchen können, Gutes zu wünschen. Gott zu bitten, dass er in diesen schwierigen Zeiten besonders bei ihnen ist. Und wer dafür keine Worte hat, kann auch einfach nur den Namen des Menschen aussprechen. Ich bin mir sicher, dass Gott auch dies hört. Dass in Straßburg ein weibliches Pendant zum Himmelstürmer steht, wusste ich bis letzten Herbst nicht. Ich bin mir sicher, dass ich auch nicht weiß, wie viele Menschen im gleichen Anliegen wie ich den Himmel bestürmen. Aber die Ahnung davon macht Mut, damit nicht aufzuhören.
Vielleicht denkt Ihr ja künftig, wenn Ihr am Himmelsstürmer am Kulturbahnhof vorbeigeht, an einen Menschen, der ein Gebet oder einen guten Gedanken gerade notwendig hat.
Text: Kerstin Leitschuh