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Gott als Kraft, die Menschen zu Großem inspiriert

Esther Kalveram MdL war Gast beim achten Feierabendgespräch der Citypastoral in der Event Lounge beim Kassel Service Point in der GALERIA. Kerstin Leitschuh sprach mit ihr über Bücher, Familie, Gott, Karneval und Politik:

Bibel als Beispiel: Bücher können die Welt verändern

„Absolut“, antwortet die ehemalige Buchhändlerin und heutige Landtagsabgeordnete schnell auf die Frage, ob Bücher die Welt verändern können. „Ich glaube, Bücher können Menschen verändern und wenn Menschen sich verändern, ändert sich auch die Welt.“ Mit der Bibel sei das zum Beispiel so: „Die Bibel hat definitiv die Welt verändert.“ Sie ergänzt: „Aber Karl Marx hat auch die Welt verändert.“ Kalveram ist überzeugt: „Jeder der liest, entdeckt andere Welten und verändert sich dabei.“ Bücher können einem auch aufzeigen, wie man sich selber weiterentwickelt hat: „Wenn ich Jahre später Bücher wieder lese, merke ich, dass auch ich mich verändert habe.“

Dem Himmel nah

Wenn der Alltag stresst und sie eine Auszeit braucht, hilft Esther Kalveram die Natur. Zum Runterkommen geht sie mit ihrer Hündin spazieren. Im Urlaub auch gerne wandern. „Da fühle ich mich dem Himmel nah“, beschreibt sie das Gefühl. Gerade die Berge oder das Meer seien etwas ganz Besonderes. „Da fühle ich mich ganz und gar da.“ Zum Entspannen sei dann das Lesen ihr Favorit. Auch ihr Garten sei eine Kraftquelle für sie. „Ich liebe meine Rosen“, schwärmt sie. „Das Tief-Luft-Holen-Können im Garten und auch die Gartenarbeit gehören dazu.“

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Was leitet im Leben?

„Ich bin Sozialdemokratin – und das aus tiefster Überzeugung“, antwortet die Politikerin auf die Frage nach den Leitlinien in ihrem Leben. Solidarität und Authentizität seien für sie sehr prägend. Für sie sei auch wichtig, fähig sein zu lieben und sagen zu können: „Es gibt das Gute!“
Damit folgt sie den Vorbildern in ihrer Familie: „Alle Frauen in meiner Familie sind Sozialdemokratinnen!“ Sie hatte die Freiheit und habe sich auch hier später selbst dafür entschieden. Natürlich haben sie ihre Großmutter und ihre Mutter als emanzipierte Frauen geprägt. In der Familie habe sie auch gelernt zu. Sie schmunzelt: „Auch heute gibt es sonntags am Tisch nicht nur Essen, sondern auch immer laute und politische Diskussionen“.

Andere Perspektiven

Esther Kalveram diskutiert nicht nur gerne am Küchentisch, sondern auch in den sozialen Medien. Macht das auf Dauer nicht mürbe? „Ja, vielleicht manchmal. Aber ich glaube, dass jeder Mensch eine Antwort verdient hat. Und dass es meine Aufgabe als Politikerin ist, Politik zu erklären,“ antwortet sie entschieden. „Den Politikersprech verstehen viele Menschen nicht. Politiker sollen den Respekt haben, mit Menschen so zu reden, dass diese sie verstehen“, davon ist Kalveram überzeugt. Manche Diskussionen seien ermüdend, aber es gebe ihr immer etwas, auch andere Perspektiven zu sehen. „Auch meine ist nicht die einzig wahre. Es gibt immer ganz viele Perspektiven auf die Dinge. Wenn man etwas erfassen will, dann muss man auch die anderen Blickwinkel kennen.“ Sie ist davon überzeugt, dass man Dinge erst in fairen Diskussionen, wenn man gut miteinander umgeht und nicht polarisiere richtig erfassen könne. Es gebe viele Grauzonen und nicht nur schwarz und weiß. „Es würde uns allen guttun, diese mal zuzulassen“, sagt sie nachdenklich.

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Gott inspiriert zu Großem

Als Teenager hat sich Esther Kalveram bewusst dafür entschieden, zur evangelischen Kirche gehören zu wollen. Sie wurde getauft und konfirmiert. Sie erinnert sich: „Ich bin auf einen Pfarrer getroffen, der gute Worte gefunden hat und mich neugierig gemacht hat. Er hat mir auch mitgegeben, dass Gott eine Kraft in meinem Leben ist. Ich glaube, dass er eine Kraft ist, die Menschen dazu inspiriert, Großes oder Gutes zu schaffen.“ Sie habe sich damals bewusst entschieden und das auch nicht bereut. Bei ihren beiden Söhnen war das auch so: Sie haben sich als Jugendliche bewusst mit Religion auseinandergesetzt und beide eine Entscheidung getroffen: Der eine hat sich konfirmieren lassen, der andere nicht. „Ich glaube das Wichtige ist die Auseinandersetzung damit.“ Dazu habe sie ihre Kinder angeregt. Gottes Kraft spüre sie in großen Kathedralen und in besonderen kleinen Momenten, in denen man sich erde und lebendig fühle.

Und die Kirchen?

Esther Kalveram weiß, dass Demokratie immer wieder begründet werden muss. Sie erlebe im Moment erschreckende Äußerungen mit Blick auf unsere Gesellschaft und die Staatsform. Die Kirchen wie die demokratischen Parteien müssen aufpassen, dass nicht wieder der Wunsch nach dem autoritären Staat aufkomme, der in schwierigen Zeiten alles regelt. Sie ist sich sicher: „Das ist ein Trugschluss! Demokratie ist schwierig, häufig regt man sich darüber auf, es gibt Oppositionen und Regierungen, die sich einander spinnefeind sind. Aber letztlich ziehen wir alle am selben Strang. Letztlich wollen wir eine Gesellschaft, in der jeder nach seinen möglichst nach seinen Vorstellungen leben kann. Das ist in jedem autoritären System nicht mehr möglich.“ Und sie ist sich ermuntert: „Das was wir haben, müssen wir wirklich wertschätzen. Demokratie ist das beste politische System, das es gibt“, davon ist Kalveram leidenschaftlich überzeugt. „Dafür lohnt es sich zu kämpfen!“

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Diskussionen seien auch eine gute Gelegenheit, die eigene Position wieder und wieder zu überprüfen. „Politisch geht es immer um Kompromissfindung und zu schauen, wie man zusammenfindet und gemeinsam weiterkommt. Das geht nicht ohne Diskussion. Da kann man auch mal streiten. Aber das Beste, was nach einem Streit passieren kann, ist zu wissen, wie es gemeinsam weiter geht.“ Das gehe nicht ohne einander zuzuhören und nicht ohne das Wahrnehmen der unterschiedlichen Meinungen.

Essen für drei Generationen

Laut ihrer Social Media Accounts backt Esther Kalveram jedes Wochenende. Stimmt das denn wirklich? „Ja, ich backe jedes Wochenende“, bestätigt sie. „Mir ist Familie wichtig. Als meine Söhne ausgezogen sind, haben wir vereinbart, dass wir uns Sonntagabend als Familie immer wieder treffen.“ Da liege es natürlich nahe, dass man sich zum Essen treffe. Sonntagnachmittag begann sie irgendwann, sich regelmäßig mit ihrer Mutter zu treffen. Da bringe sie dann immer Kuchen mit. „Ich lege sehr viel Wert darauf: Mit wenigen Ausnahmen gibt es jeden Sonntagabend Essen für die Familie und jeden Sonntagnachmittag Kuchen!“ Familie heißt bei Kalverams inzwischen drei Generationen inkl. der Partnerinnen und Partner der Kinder. Man spürt die Verbundenheit, wenn sie sagt: „Familie ist das, was mich erdet. Es sind die Menschen, denen ich wirklich voll und ganz vertraue.“ Natürlich gebe es auch Kritik, aber bei der Familie könne sie es gut aushalten und annehmen. „Ich weiß, dass ich dort geliebt werde und wir ehrlich miteinander umgehen.“

Helau und Alaaf

Der 11.11. naht: „Ich bin mit Herz und Seele Karnevalistin“, gibt Esther Kalveram zu. Sie ist Büttenrednerin und zeige den Karneval aus weiblicher Sicht. Karneval ist mehr als eine bunte Pappnase und eine Narrenkappe. Als Superheldin schlüpfe sie in eine Rolle und überziehe diese. „Ich weiß, dass es bei einigen Stellen meiner Reden auch Buh-Rufe gibt. Das ist aber Teil meiner Rolle.“ Durch das Überziehen von Rolle und Reden mache man Probleme deutlich. „Das finde ich am gesellschaftlich-politischen Karneval ganz wichtig!“ Ihre Reden sollen aber in erster Linie dem Publikum Spaß machen. „Da entsteht ein Zusammenspiel von Büttenrednerin und Publikum“, erklärt sie. „Und das ganz ist wundervoll.“

Hoffnung

Was braucht die Welt im Herbst 2022 am nötigsten? „Hoffnung“, kommt es blitzschnell aus ihrem Mund. „Wenn Menschen die Hoffnung verlieren, dann sind sie nicht mehr bereit, Schwieriges durchzustehen.“ Es sei für alle gerade schwierig und jeder tut an seiner Stelle das Beste, um durch diese Zeit zu kommen. Aber: „Wenn man die Hoffnung verliert, dass es weitergeht, dann kommt die Verzweiflung und die Wut. Und Wut geht auf die Straße.“ Und sie weiß: „Wir Politiker*innen müssen aufpassen, dass die Menschen die Hoffnung behalten können. Wenn man sich das Leben nicht mehr leisten kann, dann neigt man dazu zu sagen, dass alles dunkel wird.“ Für Esther Kalveram sei es eine wichtige Aufgabe von Politik, den Menschen wieder Hoffnung zu geben. „Ja, wir können nicht alles regeln, aber ich erhebe meine Stimme für euch, ich sehe euch, ich bin da.“ Das leitet die Politikerin in ihrem Tun. „Bald ist Weihnachten. Es ist wichtig, dass wir das Licht sehen und dann wissen, dass es weitergeht und der Frühling kommt.“

Pepe Lang begleitete die Veranstaltung mit seiner Gitarre.

Die Feierabendgespräche sind eine Kooperation der Citypastoral und Kassel Marketing mit der Galeria. Sie finden am ersten und dritten Donnerstag im Monat um 17 Uhr in der Event Lounge am Kassel Service Point in der Galeria statt.

Text: Kerstin Leitschuh
Fotos: Lars Reichert