Diözesanbaumeister Martin Matl ist seitens des Bistums Fulda für die großen Ausstellungen in der Elisabethkirche verantwortlich und würdigte bei der Ausstellungseröffnung das „beharrliche Experiment mit künstlerischen Ideen in der Elisabethkirche“. Dadurch sei ein hybrider Raum der Überlagerung und der Überschreitung des Erwartbaren entstanden, der Begegnung und Berührung unvereinbar scheinender Sphären des Sakralen und des Säkularen ermögliche. Die Ausstellung zeige, dass die Elisabethkirche auch nach dem Einsturz als ein solcher Raum „über den tatsächlichen Ort hinaus wirksam bleibt“, so der Vertreter der Fachstelle Kunst, Kultur und Museen im Generalvikariat des Bistums Fulda.
Bei vielen Besucherinnen und Besuchern der Eröffnung war angesichts der Retrospektive auch die Frage, wie es nach dem dramatischen Dacheinsturz am Ort der Elisabethkirche mit Kunst und Kirche weitergehen soll.
Martin Matl: „In diesem Dazwischen von Rückblick und Vorschau liegt ein Moment des Innehaltens, des Reflektierens und der Stille. Die Ausstellung gibt diesem Dazwischen und diesem Innehalten einen Ort – einen Ort im Nicht-mehr und Noch-nicht.“ Die Ausstellung mache die Bedeutung von Öffnung und Kreativität in der Kirche bewusst. „Bei all en überwältigend großen Aufgaben brauchen wir dieses Vertrauen in die Kraft kreativer Prozesse Künstlerinnen und Künstler können uns mit ihrer Arbeits- und Lebenserfahrung auf diesem Weg begleiten und uns helfen, Lösungen für diese Aufgaben zu finden“, so Matl.
Den Anfang macht bis Ende Mai ein Rückblick auf berührende Momente in der Installation „Poem of Pearls“ von Birthe Blauth. Die Künstlerin schilderte bei der Eröffnung, dass das Thema Berührung für sie bei der Entstehung ihrer Installation von Anfang an wichtig war. Nach den Distanzauflagen durch Corona wollte sie ganz konkret die Berührung der Füße mit dem Kunstrasen und den Perlen in den Händen ermöglichen, Begegnung ermöglichen. Von berührenden Momenten berichtete auch Heinz Neumann. Er gehörte zum Besucherteam der Ausstellung. Trauernde und Hochzeitspaare waren gleichermaßen in der Installation. Viele sprachen mit den Aufsichten über ihre Lebenssituationen, fanden in der Kirche Ruhe, Zeit für Stille und Besinnung, Kraft für den Alltag.
Michaela Tünnemann vom Bildungsforum St. Michael: „Der Titel „berührthoch3“ nimmt darauf Bezug, dass die Kombination von Kirche, Kunst und Kultur in der Elisabethkirche Menschen Berührungen ermöglicht hat.“ Tünnemann war bei den Ausstellungen für den Bereich der Kunstvermittlungen verantwortlich und erinnert sich: „Ob die Perlen auf dem Kunstrasen, das Aluminiumband quer durch die Kirche oder der „Mann im Turm“ – das Zusammenspiel von religiösem Ort und Kunst war und ist etwas Besonderes in der Elisabethkirche.“
Kerstin Leitschuh (Citypastoral Kassel) hat in den Gästebüchern der Ausstellungen gelesen und sie mit Klinikseelsorger Jan Uhlenbrock vertont. Einige Zitate kleben im Treppenhaus zur Ausstellung: „Immer wieder ist zu spüren, dass die Kunst in der Elisabethkirche Menschen berührt hat. Berührt mit den eigenen Themen und Fragen des Lebens, mit Gott und mit diesem Kirchenraum, den sie als wohltuend, spirituell hilfreich und gut empfunden haben.“ Dass viele Menschen nach dem Dacheinsturz der Elisabethkirche Solidarität zeigen und sich weitere Präsenz der Kirche im Dialog mit Kultur und Stadtgesellschaft an dieser Stelle wünschten, sei auch eine Folge dieser tiefen Verbundenheit durch gute Erfahrungen in der Elisabethkirche.
Marcus Leitschuh koordiniert die Kulturarbeit der Elisabethkirche. „Wir wollen nicht nur die Erinnerung an die vergangenen Ausstellungen wachhalten, sondern zeigen, wie sehr in der Elisabethkirche Kunst die Menschen mit den Themen des Glaubens, der Welt und des Lebens in Kontakt gebracht hat.“ Mit der Ausstellung will die Pfarrei Sankt Elisabeth gerade jetzt unterstreichen, wie wichtig Kunst, Kultur und Dialog am Glaubensort der Elisabethkirche auch in Zukunft ist, so Pfarrer André Lemmer. Diesen Dialog über denen eigenen Tellerrand der Kirche konnte man auch bei der Ausstellungseröffnung erleben. Prof. Dr. Michaela Nathrath (Klinikum Kassel) gab einen Impuls über „Berührung und Palliativmedizin“. Dabei ging sie auf Berührungen in der Bibel, Kunst- und Medizingeschichte ebenso ein, wie den Wert der Berührung in der Begleitung von Sterbenden und Kranken. Musikalisch wurde der Abend von Saxophonistin Elisabeth Flämig gestaltet.
Anne Gathmanns „Statik der Resonanz“ (2017) folgt vom 3.6.-28.6.24. Fotos der Ausstellung „Reliefs und Skulpturen“ von Stephan Balkenhol (2012) sind vom 3.7.-30.8.24 zu sehen. Außerdem gibt es einen Rückblick auf Katarina Veldhues und Gottfried Schumachers „com//PASSION“ (2007) vom 3.9.-30.9.24. Und vom 7.10.-31.10.24 ist Thomas Virnich mit „Mensch Himmelwärts“ (2002) noch einmal zu sehen.
Zum Rahmenprogramm gehören u.a. Gespräche mit den Künstlerinnen und Künstlern. Der Theologe und kunsthistorische Autor Domkapitular Dr. Heinz-Detlef Stäps referiert im August über „Berührungen in der Kunst“. Weitere Veranstaltungen sind geplant.